Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - Eröffnungsrede der Fotoausstellung "Heima/t" - über die "Ankunft der deutschen Frauen mit der Esja" in Reykjavík/Island
Warum steigen 500 junge Menschen in Deutschland auf Boote und fahren über den Ozean, in ein Land, wo der nächste Vulkanausbruch nur eine Frage der Zeit ist? Was reizt die Jugend an einer Insel, auf der seit Jahrhunderten kaum ein Baum mehr steht und man auf den Polarstrom angewiesen ist, um Schwemmholz aus Sibirien zu beziehen? In ein Land, wo vergorenes Hai-Fleisch zu den örtlichen Spezialitäten zählt?
Ihre Beweggründe waren wohl so unterschiedlich und individuell wie diese 500 jungen Menschen selbst. Den konkreten Auslöser allerdings, den kennen wir: Es war vor allen Dingen eine unheimlich kluge Werbeaktion des isländischen Bauernverbands, der Ende der 1940er Jahre mit einem gerade im zerstörten Nachkriegsdeutschland sehr verlockenden Angebot auf die jungen Leute zuging und ihnen einen Weg bot, genau das zu tun: nach Island zu ziehen!
Davon berichtet diese Ausstellung. Es waren viele junge deutsche Frauen, die damals nach Island aufgebrochen sind. Sie hatten den Schrecken des Krieges erlebt, mussten sich durchschlagen in einem besetzten Land, das schwere Schuld auf sich geladen hatte, wo Zerstörung und Armut alltäglich waren, Arbeit und Auskommen knappe Güter – und wo zudem ein deutlicher Frauenüberschuss herrschte. All das mag viele von ihnen bewegt haben. Aber es war eben auch mehr als nur das, jede von ihnen hatte ganz persönliche Gründe. Zum Beispiel Jarmila Hermannsdóttir, die heute bei uns ist.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten haben ihre Eltern ihr einen wunderschönen Namen gegeben, um auf diesem Weg an eine tschechisch-jüdische Freundin zu erinnern, die verschwunden war, vermutlich von den Nazis ermordet. Jarmila Hermannsdóttir kam recht spät nach Island, im Jahr 1955, sechs Jahre nach dem ersten Schiff. Als Hamburgerin war ihr das Nordische nie fremd – wohl aber der spießige Muff im Deutschland der frühen 1950er Jahre. Ihre Generation von Auswanderinnen war ebenso von der Chance an sich überzeugt wie angelockt von den enthusiastischen Briefen und Berichten der ersten Deutschen, die nach Island gekommen waren. Heute hat Jarmila Hermannsdóttir, die aktive Skifahrerin und Radlerin, ihre Familie auf Island, und eine Tochter, so höre ich, ist sogar im Deutschlehrerverband, obwohl zuhause kein Deutsch mehr gelernt wurde, nur Isländisch. Heute ist sie also, das darf man sagen, eine Isländerin mit ganzer Seele. Angeblich macht sie die besten Pönnukökur der ganzen Insel. Und es ist mir eine große Freude, sie und die anderen heute kennenzulernen und mit ihnen zu sprechen.
Die Bilder um uns herum, das Werk von Marzena Skubatz, sie erinnern uns an alle diese fünfhundert Menschen, die damals ihr Leben in wenige Koffer gepackt haben und nach Island übersetzten. Etwa 300 von ihnen sind für immer geblieben – und mit ihren Nachkommen bilden sie heute eine große Familie von fast 2.000 Menschen. Jede Isländerin, jeder Isländer, so sagt man, kennt einen dieser "Deutschen"
oder ist zumindest über eine Ecke mit ihnen bekannt. Sie alle sind eindrucksvolle Beispiele für gelungene Integration in eine fremde Gesellschaft – und sie haben dabei auch vieles nach Island mitgebracht, das dieses Land reicher und lebenswerter gemacht hat.
Wie zum Beispiel einer der ersten Ankömmlinge 1949 auf der berühmten "Esja"
. Denn es waren eben nicht nur Frauen, die nach Island kamen, auch einige Männer waren dabei. Und einer von ihnen blieb für immer. Georg Franzson wollte im Nachkriegsdeutschland Gärtner werden. Aber als Flüchtling aus Oberschlesien, der von einem Lager zum nächsten, von der britischen in die sowjetische Zone und zurück getrieben wurde, war das nicht leicht. Da kam die Idee gerade recht: Island! Und er kam, er lernte sein Handwerk, er baute Gewächshäuser – und hatte am Ende einen vermutlich nicht unerheblichen Anteil daran, dass heute auch frisches Gemüse fest auf dem isländischen Speiseplan steht – immerhin hat er wohl die ersten Paprika der Insel gezüchtet.
Die Geschichten von Jarmila Hermannsdóttir und Georg Franzson stehen stellvertretend für hunderte andere. Viele der deutschen Einwanderinnen von damals sind heute hier, um ihre Geschichten mit uns zu teilen. Was sie gezogen hat in dieses wundervolle Land von Feen und Trollen, von Gletschern und Brandung, unter dem Spektakel des Nordlichts und beim magischen Glühen der Lava – und was sie gehalten hat!
Sie können uns heute erzählen von Ihrer Liebe zu diesem Land, das für Sie alle einmal, auf Ihre jeweils eigene Art, ein Sehnsuchtsort war und heute Heimat ist. Und vielleicht kann die eine oder andere auch berichten, wie sie oder er heute zu fermentiertem Eis-Hai steht.
Beziehungen zwischen Staaten sind – auch wenn manche das behaupten mögen – nicht allein eine kühle Kombination von geografischer Lage und politischen und wirtschaftlichen Interessen. Diese Beziehungen werden von Menschen geprägt und von Menschen getragen. Die Geschichten der Menschen der "Esja"
und ihr Beitrag zu dem, was Island und Deutschland heute als enge Partner und Freunde verbindet, war für mich ein wichtiger Grund, gerade in diesem Sommer nach Island zu kommen – als erster Bundespräsident in 16 Jahren.
Und die Fotografien von Marzena Skubatz, so hoffe ich jedenfalls, werden diese Geschichten in den kommenden Monaten noch vielen Besuchern näherbringen!
Es ist mir eine große Ehre, diese Ausstellung heute gemeinsam mit Ihnen allen zu eröffnen – insbesondere mit denen unter Ihnen, die damals die Reise in eine unsichere Zukunft auf sich genommen haben. Ich freue mich auf unsere Gespräche.
Vielen Dank.
Speech by Federal President Frank-Walter Steinmeier at the opening of my solo photo exhibition "Heima/t" - on the arrival of German women on the Esja from 1949 in Reykjavík, Iceland
Why did 500 young people board boats in Germany and travel across the ocean to a country where the next volcano eruption is only a matter of time? What attracts young people to an island where trees have been a rarity for centuries and where you have to rely on the Transpolar Drift Stream to bring you driftwood from Siberia? What is the appeal of a country where fermented shark is one of the local specialities?
Their motives were as varied and individual as the 500 young people themselves. However, we know what actually got the ball rolling, namely an extremely clever advertising campaign by the Icelandic farmers’ association in the late 1940s aimed at young people. Particularly in postwar Germany, which lay in ruins, this proved to be a very attractive offer and gave young people a way to do just that – to move to Iceland!
This exhibition tells us about this time. Many young German women set off for Iceland. They had experienced the horrors of war and had to eke out a living in an occupied country that had committed the most terrible crimes – a country where destruction and poverty were par for the course, work and ways to earn one’s livelihood were scarce, and on top of all that, there were far more women than men. All this may have motivated many of them. But it was far more than just that. Each and every one of these women had their very own reasons. Jarmíla Hermannsdóttir, who is here with us today, is one example.
During the Nazi regime, her parents gave her a beautiful name in memory of a Jewish friend of theirs from Czechoslovakia who had disappeared and presumably been murdered by the Nazis. Jarmíla
Hermannsdóttir arrived comparatively late in Iceland, in 1955, six years after the first ship. As a native of Hamburg, she was no stranger to northern life – but she never felt at home with the conservative, fusty attitudes in early 1950s Germany. Her generation of emigrants was attracted to Iceland as much by the opportunity itself as by the enthusiastic letters and reports from the first Germans who arrived there. Today, Jarmíla Hermannsdóttir, an active skier and cyclist, has her family here in Iceland, and I have been informed that her daughter is even a member of the German teachers’ association, although the family no longer speaks German at home, just Icelandic. Today one can truly say that she is an Icelander with her heart and soul. Apparently, she makes the best pönnukökur on the whole island. And it is a great pleasure for me to meet and talk to her and others today.
The photos by Marzena Skubatz we see here remind us of all these 500 people who packed their lives up in a few suitcases and travelled by sea to Iceland. Around 300 of them stayed here for good – and with their descendants, they now make up a big family of almost 2000 people. It is said that every Icelander knows one of these “Germans” or at the very least knows someone who knows one. All of you are impressive examples of successful integration into a new society. And you also brought a great deal to Iceland that enriched this country and improved its quality of life.
One example was one of the first people to arrive in 1949 on the famous Esja. Not only women came here – there were also a few men. And one of these men stayed here for good. Georg Franzson wanted to become a gardener in postwar Germany. But as a refugee from Upper Silesia, who was sent from one camp to the next, from the British to the Soviet zone and back again, that was no easy task. The idea of moving to Iceland thus came at just the right time! He came here, learned his trade and built greenhouses. And in the end, he played a presumably not insignificant role in the fact that fresh vegetables are always on the menu in Iceland today. After all, he managed to grow the first pepper on the island!
Jarmíla Hermannsdóttir and Georg Franzson’s stories stand for hundreds of others. Many of the German migrants from that time are here with us today to share their stories with us. They will tell us about what drew them to this wonderful country of fairies and trolls, glaciers and surf, with the spectacle of the Northern Lights and its magical glowing lava – and what kept them here!
You can tell us today about your love for this country, which was once a place you dreamed of in your own special way and is now your home. And maybe one or two of you can let us know how you feel about fermented shark today.
Although some people may claim otherwise, bilateral relations are not merely a rational combination of geographical proximity and political and economic interests. These relations are shaped and underpinned by people. The stories of the people who were on board the Esja and their part in what now unites Iceland and Germany as close partners and friends were an important reason for me to come to Iceland this summer, as the first Federal President to visit the country in 16 years.
And I certainly hope that the photos by Marzena Skubatz will allow a large number of visitors in the coming months to learn more about these stories!
It is a great honour for me to open this exhibition with all of you today – especially with those amongst you who set off back then on a journey into an unknown future. I look forward to speaking with you.
Thank you very much.
Af hverju fara 500 manns á besta aldri um borð í skip og sigla um höfin blá til lands, þar sem næsta eldgos er ekki annað en spurning um tíma? Hvað heillar ungt fólk við eyland, þar sem vart hefur vaxið tré um aldir og menn eru háðir rekavið, komnum með hafstraumum frá Sibiríu - þar sem úldinn hákarl telst til hnossgætis á landsvísu?
Hvati þeirra hefur sjálfsagt verið eins margvíslegur og ein- staklingsbundinn eins og þessi 500 voru sjálf. Hinn raunverulegi hvati var hins vegar alkunnur: Það var umfram allt ákaflega sniðugt auglýsingaátak íslensku bændasamtakanna, sem var beint að þessu unga fólki í rústuðu Þýskalandí eftirstríðsáranna í lok 5. áratugar þeirrar aldar og benti því á leið til að gera einmitt þetta: að flytjast til Íslands!
Um þetta fjallar þessi sýning. Margar þýskar konur tóku sig upp á þeim dögum og fluttust til Íslands. Þær höfðu lifað ógnir stríðsins, urðu að komast af í hernumdu landi, sem hafði tekið á sig þungar skuldabyrðar, þar sem rústir og fátækt voru daglegt brauð, atvinna og góð afkoma af skornum skammti – og síðast enekki síst konur voru í miklum meirihluta. Allt þetta mun hafa verið hvati margra þeirra, en fleira kann að hafa komið til: Hver þeirra hafði sínar eigin persónulegu ástæður, til dæmis hún Jarmila Hermannsdóttir, sem er hér meðal okkar nú.
Undir stjórn nasista gáfu foreldrar hennar henni dáfallegt nafn í minningu horfinnar tékkneskrar vinkonu þeirra af Gyðingaættum, að því er ætla mætti myrtrar af nasistum. Jarmila Hermannsdóttir kom allseint til Íslands, árið 1955, sex árum á eftir fyrsta skipshópnum. Kominni frá Hamborg var henni norrænt viðmót aldrei framandi – miklu fremur gamaldags, broddborgaralegt viðhorf fólks í Þýskalandi snemma á 6. áratugnum. Kynslóð hennar af út-flytjendum hafði jafnt hrifist af tækifærinu sjálfu eins og lokkast af hrífandi lýsingum og frásögnum í bréfum fyrstu þýsku kvennanna, sem til Íslands höfðu komið. Nú á hin ötula skíða- og reiðhjólakona Jarmila Hermannsdóttir sér fjölskyldu á Íslandi og dóttur, sem að því er ég hef frétt er meira að segja meðlimur í samtökum þýskukennara, enda þótt ekki hafi verið kennd þýska heima hjá henni, aðeins íslenska. Í dag er hún sem sagt Íslendingur af huga og sál. Hermt er, að hún kunni að baka bestu pönnukökur á öllu landinu, og mér er mikil ánægja að geta kynnst henni og öðrum í dag og spjallað við þau.
Myndirnar hér í kringum okkur, verk Marzenu Skubatz, minna okkur á öll þessi 500, sem á þeim árum létu niður eigur sínar í fáeinar ferðatöskur og lögðu upp í ferðina til Íslands. Um það bil 300 þeirra ílengdust hér til frambúðar – og ásamt afkomendum þeirra mynda þau i dag hátt í 2000 manna ættboga. Sérhver Íslendingur kannast við einhvern þessara ”þýskara” eða hefur spurnir af þeim með einhverjum hætti. Öll eru þau áhrifamikil dæmi velheppnaðrar samþættingar við annað samfélag – og hafa auk þess flutt með sér margt, sem gerir þetta land auðugra og lífvænlegra.
Dæmi um þetta er einn hinna fyrstu, semm hingað komu árið 1949, á hinni frægu „Esju“. Það voru sem sagt ekki aðeins konur, sem hingað komu, nokkrir karlmenn voru einnig þeirra á meðal. Einn þeirra varð eftir hér. Georg Franzson ætlaði að verða garð-yrkjumaður í Þýskalandi eftirstríðsáranna. Ekki reyndist það auðvelt fyrir flóttamann frá Efri-Slesíu, sem var hrakinn frá einum búðum til annarra, frá breska hernámssvæðinu í hið sovéska og til baka. Þá kom einmitt rétta hugmyndin: Ísland. Hann kom, lærði handverk sitt, byggði gróðurhús – og átti væntanlega ekki ódrjúgan þátt í því, að ferskt grænmeti finnst nú á dögum sem fastur liður á matseðlum Íslendinga – að minnsta kosti varð hann víst fyrstur til að rækta paprikur á Íslandi.
Sögurnar um Jarmilu Hermannsdóttur og Georg Franzson eru dæmi um hundruð annarra. Margar hinna þýsku innflytjenda frá þeim dögum eru hér á meðal okkar í dag til þess að deila sögu sinni með okkur.
Hvað það var, sem dró þær hingað í þetta undraverða land álfa og trölla, jökla og brims, undir sjónarspili norðurljósa og áhrifaríkra glóandi hraunstrauma – og hvað það var, sem hélt þeim hér!
Þær geta sagt okkur í dag frá ást sinni á þessu landi, sem þrá þeirra stóð til á sínum tíma – hverrar á sinn hátt - og varð að nýjum átthögum þeirra. Ef til vill getur einhver þeirra einnig frætt okkur á því, hvernig hún metur kæstan hákarl í dag.
Samskipti milli ríkja eru ekki eingöngu kalt samband legu lands og stjórnmálalegra og efnahagslegra hagsmuna – enda þótt sumir
kunni að halda því fram. Þessi samskipti mótast af fólki og eru borin uppi af fólki. Sögur fólksins á ”Esjunni” og hlutdeild þess í því, sem tengir Íslendinga og Þjóðverja félags- og vináttuböndum í dag, reyndist mér mikilvæg ástæða til þess að heimsækja Ísland einmitt á þessu sumri – fyrstum forseta Sambandslýðveldisins í 16 ár.
Og ljósmyndir Marzinu Skubatz munu færa þessar sögur mörgum gestum nær á komandi mánuðum – eða það vona ég að minnsta kosti!
Mér er það mikill heiður að geta opnað þessa sýningu ásamt yður öllum – sérstaklega þeim meðal yðar, sem lögðu það á sig á sínum tíma að leggja upp í ferð inn í óvissa framtíð.
Ég hlakka til spjallsins við yður. Kærar þakkir.